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Rheinische Post 24.11.09

Ralf Schreiner

Bewahrer und Erneuerer

Mit seinem Quartett, verstärkt durch Alex Sipiagin an der Trompete, startete Jürgen Hagenlocher im Ledigenheim Lohberg eine neuntägige Deutschland-Tournee. Mit im Gepäck: die neue CD "Confusion". Jürgen Hagenlocher und seine musikalischen Freunde lieferten im Lohberger Ledigenheim ein starkes Konzert ab Manchmal kann Cool-Jazz richtig warm klingen. Es genügt, eine Hammond-Orgel auf die Bühne zu wuchten, und schon legt sich über die Trompete, die soeben noch so herrlich spröde daher kam, ein seidiger Schleier, und aus dem Saxofon, das gerade noch messerscharfe Linien ins Dunkel spuckte, tropfen die Töne wie auf Samt. In den 60er und 70er Jahren galt der dicke schwarze Kasten für viele Bands als unverzichtbar. Heute wirkt die Hammond B 3 auf der Jazzbühne wie ein Fossil. Dass sie noch immer so klingt, als würden die Töne durch eine Wolldecke gepumpt, macht sie für Traditionalisten wie Jürgen Hagenlocher interessant. Der Saxofonist aus Freiburg versteht sich als Bewahrer. Ein Nostalgiker ist er nicht. Sein Bekenntnis zu Dexter Gordon und John Coltrane, Sonny Rollins und Charlie Parker schließt die Verpflichtung zur Erneuerung ein. Vor 13 Jahren wäre es für eine Jazzband undenkbar gewesen, ausgerechnet Dinslaken als erste Station für die Vorstellung eines frisch gepressten Albums zu wählen. Dank der Jazz Initiative hat sich das geändert. Sie hat die Stadt zu einem beliebten und spannenden Spielort für Musiker aus der internationalen wie nationalen Szene gemacht. Gleich zum Auftakt ihrer Aktivitäten verpflichtete sie im September 1996 mit der "George Gruntz Concert Jazz Band" ein Schwergewicht. Der New Yorker Trompeter Alex Sipiagin war damals Mitglied dieser Formation. Heute jagt er gemeinsam mit Jürgen Hagenlocher über die Fundamente, die Thomas Bauser an den Tasten, Jörg Eckel am Schlagzeug und Dano Haider an der Gitarre mit genau der Leichtigkeit und Sparsamkeit errichten, die zwei starke Frontmänner benötigen, um glücklich zu sein. Hagenlocher erzeugt Spannung durch Tempo, rhythmische Veränderungen und eine ausgeprägte Liebe zur Improvisation. In seinen durchweg melodischen Kompositionen variiert er das Thema immer wieder neu. Er überrascht, indem er beinahe unmerklich den Schwerpunkt verschiebt. Ebenso gern überlässt er es Sipiagin, Akzente zu setzen. Der Mann aus New York tut dies so rasant und druck- voll, als wolle er die Luft unter den Scheinwerfern mit seiner Trompete in Stücke schneiden. Er kann aber auch anders. Wenn er das Flügelhorn an die Lippen setzt, wird er zum "smooth operator", der einer Ballade sanft, beinahe zärtlich, genau die Farbe einhaucht, die sie haben sollte, um Ballade zu sein. Es gibt auch Momente,
in denen sich die Blechfraktion zurückzieht. Sei es, um dem spielstarken Dano Haider Gelegenheit zu geben, mit einer charmanten Eigenkomposition seinen Ideenreichtum an den dünnen Saiten zu beweisen. Sei es, um die Rückkehr der Hammondorgel als Kraftpaket zu feiern, mit dem ein talentierter Tastenmann im Modern-Jazz mehr anzufangen versteht, als Klangmassen übereinander zu türmen. Jürgen Hagenlocher weiß, wie man aus dem Gestern schöpft, um daraus energiegeladenen Jazz für das dritte Jahrtausend zu machen.
Starkes Konzert. Kräftiger Applaus.

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